Deutsche Chansons betitelte Otto Julius Bierbaum im Jahr 1900 eine von ihm herausgegebene Lyriksammlung, die ein neues Genre, eine Tradition begründen sollte: „So wollen auch wir Gedichte schreiben, die nicht bloß im stillen Kämmerlein gelesen, sondern vor einer erheiterungslustigen Menge gesungen werden mögen. Angewandte Lyrik, - da haben Sie unser Schlagwort...Kunst für das Varieté.“. Für die kurz darauf in Berlin und München nach französischem Vorbild entstehenden ersten deutschen Kabaretts ein Repertoire zur Verfügung zu stellen, war die unmittelbare, die als typisch französisch angesehene Liedform in Deutschland zu etablieren, die weitergehende Absicht Bierbaums. Und der Versuch gelang, das Chanson, angesiedelt zwischen Volks- und Kunstlied, wird, auch wenn es sich bis heute jeder exakten Definition zu entziehen weiß, in Deutschland heimisch.

Ein Verdienst nicht nur seiner großen Komponisten und Autoren wie Rudolf Nelson oder Kurt Tucholsky, sondern auch der ’Damen vom Chanson’ (ein von Guy Walter, dem unermüdlichen Förderer und Liebhaber der Kleinkunst, geprägter Begriff), in deren Programmen die im Laufe des vergangenen Jahrhunderts entstandenen deutschen Chansonklassiker auch im 21.Jahrhundert weiterleben.

Wie bei Monika Knecht, die auf ihrer ersten CD in sorgsam komponierter Abfolge siebzehn dieser klassischen Kabarettchansons präsentiert, den Bogen ihres Chansonzyklus von Otto Reutter bis Georg Kreisler, Friedrich Hollaender bis Hugo Wiener spannt und ganz nebenbei das dem Vergleich mit den ’Großen’ mehr als standhaltende ’Der Bauch muss weg’ von Frank Golischewski aus den neunziger Jahren mit dazu schmuggelt. Im Mittelpunkt steht in all diesen Liedern die Erfahrung des Scheiterns, in und an der Liebe, der Gesellschaft (‚Frau Birnbaum’), dem Leben (‚Die Dame von der Elbchaussee’). Frei nach dem Motto: „Das Scheitern ist die Aristokratie des Erfolges" (Philipp Mosetter) konstatiert nicht mit melancholischer Verzweiflung, sondern im Tonfall einer quasi postmodernen heiter-ironischen Gelassenheit.

Getragen vom wundersam einfühlsamen Spiel ihrer Pianistin Rimma Vainshtein und ohne sich in der Imitation zu verlieren, vertraut Monika Knecht dabei zu Recht völlig auf Qualität und Aktualität, Witz und Esprit der in der Mehrzahl in den fünfziger Jahren geschriebenen Lieder und nimmt ernst, wo es Mode geworden ist, Chansons wie Friedrich Hollaenders ‚Zersägte Dame’ zum Chanson comique zu degradieren. In klarer Diktion und beileibe nicht emotionslos, versehen mit einem wohltuend herben Timbre und modulationsfähiger Stimme, erzählt Monika Knecht mit bemerkenswerter Präsenz und angenehmer Dezenz siebzehn ’komplette Dramen in drei Minuten’, wie es in der wohl berüchtigsten Chansondefinition heißt. Fast wie eine neusachliche Mischung aus Helen Vita und Hanne Wieder. Eine Entdeckung? Eine Entdeckung.

Matthias Thiel
Deutsches Kabarettarchiv




Virtuose Interpretation
Georg Kreislers schwarzer Humor und Monika Knechts freche Stimme – das ist eine geniale Kombination. Nachdem die Veröffentlichung ihrer CD „Schau mir in die Augen, Kleiner" nun schon eine ganze Weile zurück liegt, bringt sich diese außergewöhnliche Sängerin mit der Single „Ich bin ein herrliches Weib" wieder in beste Erinnerung. Schade, dass es nur ein Single ist. Man hätte gerne mehr von Monika Knecht gehört.

Kreisler Liedtext „Sie ist ein herrliches Weib" aus seinem 1966 erschienenen Album „Nichtarische Arien" ist sicher cum grano salis zu verstehen. Da macht sich einer – wohlgemerkt: zwischen den Zeilen – ein bisschen lustig über den allzu dogmatischen Feminismus. Die köstliche Ironie dieser pfiffigen Lyrik interpretiert Monika Knecht mit perfektem Charme und einem kessen Augenzwinkern. Sie hat den Text für diese Single-CD personalisiert, was das Ganze noch eindringlicher und ein Stückchen intimer macht. Fast schon wie ein Bekenntnis! Monika Knecht versteht es wirklich, Kreislers Sprachwitz auf virtuose Weise umzusetzen. Dabei hat sie in der Pianistin Rimma Vainshtein wieder eine kongeniale Begleiterin.

Das gelungene Cover zeigt die Chanson-Sängerin in einem erotischen und doch ganz unbefangen wirkenden Outfit. Ein Kompliment daher auch an Barbara Graf für das Titelbild und an Regina Matt für die graphische Gestaltung.

Bianca Flier
Freie Journalistin



 

... Die Chansonnière Monika Knecht hat das Lied „Sie ist ein herrliches Weib“ von dem 2011 verstorbenen Georg Kreisler interpretiert. Der österreichische Komponist ist für seine schwarzhumorigen Texte und seinen Sprachwitz bekannt. Knecht, die hauptberuflich als Zahnärztin in Laufenburg arbeitet, hat den Text leicht variiert und trägt ihn in Ich-Form auf ihrer CD „Ich bin ein herrliches Weib“ vor. Die Veränderung der Liedzeilen verstärkt die enthaltene Selbstironie, etwa bei „Ich bin ein herrliches Weib, ich bin ein köstliches Weib! Aber aaaach, – ich kann nicht tanzen“. Begleitet wird Knecht von der ukrainischen Pianistin Rimma Vainshtein. Aufgeführt hatten die beiden das Stück bereits erstmals bei einem Chansonabend in Laufenburg, den sie ebenfalls Kreisler gewidmet hatten. Für die Textvariation hat sich Knecht die Genehmigung der Witwe Barbara Kreisler-Peters eingeholt. Eine stimmliche Herausforderung ist das Stück nicht, da klar der Text im Vordergrund steht ...

Dorothee Soboll
Badische Zeitung, 31. Mai 2016

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